Letzte Woche war hier "semaine de lecture" - dazu gedacht, Hausarbeiten und ähnliches zu schreiben, aber wir haben uns nicht mit derartigem Kleinkram aufgehalten, sondern sind lieber aufgebrochen, das Land zu entdecken!
Montagnachmittag ging's los: 6 Tage Abenteuer in der Gaspésie, einer Halbinsel östlich der Mündung des Sankt-Lorenz-Stroms in den Atlantik (Karte hier). Wir haben die Halbinsel einmal im Uhrzeigersinn auf der Straße Nr. 132 umrundet.
Das war teilweise ganz schön abenteuerlich: die kanadische Natur, widrige Wetterverhältnisse, wilder Tiere. Und sechs verrückte Hühner - und ein Hahn*hihi* - mit massig Gepäck und Verpflegung in einem Van!
Mit dabei in unserer "bagnole", hier kurz vor der Abfahrt vor meinem Wohnheim, dem Pavillon Parent: (von links hinten im Uhrzeigersinn): Antoine (Maries Bruder), Aurélie, Elsa, Uta, Candy, Teresa (aus Washington); Marie macht das Foto, die seht Ihr nachher!
Das erste Ziel war Sainte-Anne-des-Monts. Dort waren wir in einer Jugendherberge, dem "SeaShack". Genial, sag ich Euch, da solltet Ihr auch mal hin: die Herberge liegt direkt am Sankt-Lorenz, der hier schon so breit ist, daß man das andere Ufer kaum noch sieht! Wir waren in einem "chalet" untergebracht, einem kleinen Häuschen nur für uns, mit großen Glastüren, durch die ich morgens um 6 als ich aufgewacht bin, direkt auf's Wasser sehen konnte!
Letztes Wochenende war hier auch Zeitumstellung, jetzt wird es um 6 hell, um 16 Uhr geht die Sonne unter, und um halb fünf ist es stockfinster. Nicht gerade ideal, wenn es nie vor 8 Frühstück gibt!
Abends um 10 sind wir dort angekommen, windig, kühl..... Dann haben wir uns noch in den hauseigenen Jacuzzi gestürzt - juhu! Der Haken an dem Ding: es ist lediglich ein Dach drüber, d.h. man muß wohl oder übel kurz im Bikini draußen rumrennen. Aber es lohnt sich, wer sitzt schon abends um 11 in einem Whirlpool, mit Blick auf's Wasser, das Meerrauschen im Hintergrund und einer Tasse Tee in der Hand?!
Das Wasser war dermaßen heiß, daß es hinterher richtig angenehm war, nur mit Handtuch über die Wiese zu unserer Hütte zu laufen.
Von diesen tropischen Verhältnissen haben wir uns schnell verabschiedet: am Tag 2 ging's nämlich in den Parc national de la Gaspésie, wo sich die Monts Chic-Choc befinden, die höchsten Berge Québecs mit bis zu 1270 m. Und dort lag ordentlich Schnee! So viel, daß wir mit unserem Van nicht bis zum geplanten Startpunkt fahren konnten. Also haben wir improvisiert und sind zum Lac aux Américains gelaufen.
Hier seht Ihr Antoine, mich, Aurélie, Teresa, Candy und Marie (die auf dem ersten Foto nicht mit drauf war).
Hier eine schöne Aussicht auf die Berge. Mit so wahnsinnig viel Schnee hatten wir nicht gerechnet, dementsprechend hatten wir keine Skihosen an und die Hosen waren bis zu den Knien schön naß...
Für den Rückweg hatten wir uns gedacht, daß wir durch den Park fahren, um erstens die Landschaft zu sehen und zweitens einen Umweg zu vermeiden. Letzteres stellte sich aber als Fehlkalkulation heraus, denn die Straße wurde schnell eine Schotterpiste, auf der bald nur noch zwei Fahrspuren im Schnee waren, denen ich durch zahlreiche Schlaglöcher gefolgt bin. Irgendwann wurde es aber so viel Schnee, daß wir mehr oder weniger aufgesessen sind. Glücklicherweise an einer Steigung. Da Wenden nicht drin war, mußte ich ein paar Kilometer rückwärts fahren. Ich kann Euch sagen, das ist nicht lustig. Der Hals tut weh, und man hat das Gefühl, die Augen gucken über Kreuz... Der zweite Wendeversuch hat dann mit Anschieben zum Glück funktioniert und wir waren recht froh, den Schnee erstmal hinter uns zu lassen.
Die Nacht über waren wir in einem kleinen Hotel in Petite-Vallée. Leider hatten wir kein Häuschen für uns, aber wir durften in der Küche der Herbergsmutter kochen, sehr nett! Was in Deutschland sehr unüblich ist, ist hier relativ normal, vor allem für Studentengruppen, wir haben auch überall Nebensaison-Studenten-Sonderpreise bekommen:-)
Am nächsten Morgen, nach einem phantastischen Frühstück (leckere Muffins, Toast mit ca. 10 verschiedenen Sorten Marmelade, Crêpes mit Obst und Ahornsirup..... WOW!!) waren wir noch kurz am Ufer unterwegs, haben das folgende Foto in einem alten Boot gemacht und...
...haben die überall in den Gärten zu sehenden Schaukelstühle ausprobiert! Die funktionieren anders als die 'europäischen', und wenn ich nicht aufpasse werd ich seekrank davon.
Am dritten Tag stand eine Wanderung am Cap Gaspé auf dem Programm. Der eigentliche Eingang zum Park war gesperrt - im November ist in der Gaspésie GAR NIX los. Man kann noch nicht mal mehr Postkarten kaufen oder 'nen Kaffee trinken gehen. Bzw. man muß dafür sehr lange suchen und Glück haben oder sich in den etwa drei größeren Städtchen befinden;-) Diese Städtchen sind aber nicht schön, also ist man dort wenn's notwendig ist, also zum Tanken beispielsweise. Benzin kostet hier übrigens ca. 0,90 $, das entspricht etwa 0,65 Euro.
Hier seht Ihr das Südufer des Cap Gaspé, das wir bis ganz vorne gelaufen sind.
Am Cap selber war es aber so ungemütlich, daß wir uns schnell wieder auf den Rückweg gemacht haben. Es war außerdem schon zwei Uhr, und wie ich vorhin schon geschrieben hatte: um vier geht die Sonne unter... Wir hatten schon überall die bärensicheren Mülleimer gesehen und wollten ungern in der Dämmerung einem über den Weg laufen.
Auf dem Hinweg hatten wir nur ein Kaninchen gesehen, aber auf dem Rückweg haben wir einige Stachelschweine (porc épic, auf dem Foto unten), Waldhühner und einen Wal gesehen. In der Bucht sind angeblich haufenweise unterwegs, aber wir haben leider nur den einen gesehen und er ist auch nur zweimal kurz aufgetaucht, dann war er wieder weg. Aber es war ein richtig großer (Blau-?)Wal!:-)
Kurz vor Ende der Wanderung dann das Abenteuer: ein Auto hielt neben uns und meinte, ein paar Meter weiter säße ein Schwarzbär im Baum. Und tatsächlich, auf einer Wiese, neben der wir den Weg nehmen mußten, um das Cap zu überqueren und zum Parkplatz zurückzukehren, saß er in einem Baum (cormier - Eberesche) und fraß Beeren. Bzw. er guckte von seinem Baum auf uns runter. Ein weiteres Auto hielt und ein Mann stieg aus und meinte, daß der Bär aber ganz schön groß wäre, und er würde dort warten und hupen, falls der Bär uns nachlaufen würde. Uns war etwas mulmig und wir sind dann im Geschwindmarsch den Berg hochgestapft, mit schön viel Lärm, um nicht etwa einen weiteren Petz zu überraschen, wir hatten nämlich schon überall die Hinterlassenschaften gesehen, dachten aber vorher, die wären von den Stachelschweinen...
Die nächste Herberge war klasse, es war nur zuerst keiner da. Zum Glück war aber gleich gegenüber ein "Dépanneur" (ein kleiner Lebensmittelladen, wo es alles gibt, was man mal schnell brauchen könnte), und der wußte, wo unser Herbergsvater steckt. Der war total nett, dachte, wir hätten abgesagt, aber das war wohl eine andere Gruppe.
Wir durften wieder in der Küche kochen, konnten Musik hören und Elsa hat uns einen Salsa-Kurs verpaßt. Armand saß währenddessen in der Küche in einem Schaukelstuhl und hat uns zugesehen und sich scheinbar sehr amüsiert!
Hier seht Ihr die "Gîte du loup-marin".
Am nächsten Morgen - Tag vier - nach einem wieder traumhaften Frühstück mit frischen selbstgebackenen Crêpes, Muffins, Bagels und Croissants, hat Armand uns noch eine Stelle ein paar Kilometer weiter gezeigt, wo wir Robben beobachten konnten. Leider haben sie uns bald gesehen und sind dann im Wasser verschwunden. Aber am Anfang sah es zu putzig aus, wie sie auf der Seite gelegen sind und sich die Wellen um den Bauch haben plätschern lassen!
Auf der Fahrt nach Percé haben wir eine kleinen Spaziergang zu einem Wasserfall gemacht und haben Halbedelsteine an einem Strand gesucht. Es war schon morgens bedeckt, bis wir mittags in Percé angekommen sind hat es ordentlich geregnet. Außerdem war Flut und wir konnten also nicht über die Sandbank zum Rocher Percé laufen. Der Felsen ist trotzdem ziemlich imposant.
Durch das schlechte Wetter waren wir relativ früh in der nächsten Herberge: bei Martine und Bertrand. Der gute Bertrand war ja sehr lustig, aber spätestens beim Frühstück gingen uns allen seine Sprüche etwas auf die Nerven.
Abends allerdings konnten wir noch einmal den Luxus eines Jacuzzi genießen:-) Ich weiß aber nicht, was er für ein Zeug im Wasser hatte, ich hab's jedenfalls nicht länger als ne halbe Stunde ausgehalten, dann tat mir der Hals so weh, daß ich geflüchtet bin.
Der Frühstückstisch und Bertrand beim Crêpes backen.
Für Tag 5 war eine Wanderung auf den Mont St.-Joseph geplant. Wir hatten Glück: Sonne und nur ein paar vereinzelte Wolken am Himmel! In der Früh haben wir aber alle der Reihe nach geflucht: die Haustüre führte auf eine Holzterrasse, und dort mußten wir eine 180-Grad-Kurve machen um die Treppe Richtung Auto zu nehmen. Der Tau war auf dem Holz gefroren und einer nach dem anderen ist ausgerutscht - putain ca glisse!! Elsa und ich haben uns kaputt gelacht, leider haben wir keinen Film davon gedreht.
Auf dem nächsten Bild seht Ihr die Aussicht von einem der zahlreichen Aussichtstürme auf dem Berg. Auf der anderen Seite der Bucht, wenn man etwas mehr nach rechts sehen würde, sieht man bereits das Ufer von Neubraunschweig. Dort ist schon eine andere Zeitzone.
Antoine, ich, Candy, Aurélie, Teresa, Marie
Abends waren wir wieder in einer Jugendherberge. Sehr angenehm: alte Sofas, Stereoanlage (juhuu, Musik auf volle Lautstärke!), Schlafsaal, Küche. Der Typ von der Herberge wohnt im ersten Stock und meinte wir wären die letzten der letzten, die vorbeikämen;-)
Leider war das "Château Bahia" schon geschlossen, aber wir sind noch schnell hinspaziert bevor es dunkel wurde. Es ist wirklich eine Burg, und steht mitten im Wald, total abgefahren!
Abends mal wieder Nudeln mit Fertigsoße. Zum Unterschied zu deutschen Gruppen wird bei Franzosen aber immer (!) an ein Dessert gedacht, hier sind es Brownies.
Nach dem Essen habe ich Backgammon und Dame gelernt, wir haben literweise Tee gekocht und alle Chips- und Keksreste aufgefuttert;-)
Tja, und am nächsten Morgen, Tag 6, hieß es zum letzten Mal Pancakes mit sirop d'érable zum Frühstück, die Rucksäcke und Reisetaschen packen, 'Au revoir' sagen und - en route pour Québec!